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Deutschland im Wandel

Mehr Multimillionäre und noch mehr Arme

Während die einen immer reicher werden, wächst die Zahl der armutsgefährdenden Personen in Deutschland.
Mehr Multimillionäre und noch mehr Arme -
Arm und Reich - © erllre - Fotolia.com

Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Welt, zumindest bescheinigt das der Vergleich der Bruttoinlandsprodukte. Das BIP ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem definierten Zeitraum und wird von der Weltgemeinschaft als Indikator für die Wirtschaftskraft gesehen. Im Jahr 2013 führten die USA, China und Japan die Spitze an, gefolgt von Deutschland, dem Spitzenreiter innerhalb der Europäischen Union.

Die zehn stärksten Wirtschaftsnationen 2013

Rang Land BIP 2013 in Mrd. USD
1 USA 16.799
2 China 9.181
3 Japan 4.901
4 Deutschland 3.635
5 Frankreich 2.737
6 Vereinigtes Königreich 2.535
7 Brasilien 2.242
8 Russland 2.118
9 Italien 2.071
10 Indien 1.870

Quelle: Internationale Währungs Fond IFW

Doch der Reichtum eines Landes kann nicht über das BIP gemessen werden, deutlich aussagekräftiger sind das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, die (Jugend)Arbeitslosenquote und der Gini-Koeffizient. Der Gini-Koeffizient kann zwischen 0 und 1 liegen, beim Wert 0 sind Vermögen oder Einkommen gleichmäßig auf die gesamte Bevölkerung verteilt, beim Wert 1 wird einer einzigen Person das gesamte Vermögen oder Einkommen zugeschrieben.
Beim Pro-Kopf-BIP liegt Deutschland auf Rang 18 (2013: 44.999 USD), hinter den USA, Singapur, Katar und Kuwait. Österreich ist ein paar Plätze weiter vorne und belegt den 11. Platz (2013: 48.957 USD).

Multimillionäre in Deutschland

Der World Ultra Wealth Report 2014 bestätigt, dass die Anzahl der Personen mit einem Vermögen von mehr als 30 Millionen Dollar anwächst. Die Zahl der Multimillionäre in Deutschland hat sich von 2013 auf 2014 von 17.820 auf 19.095 (+7,2%) erhöht. Insgesamt besitzt diese winzig kleine Bevölkerungsgruppe der Superreichen in Deutschland mehr als 2,5 Billionen USD, das ist knapp ein Viertel des Privatvermögens der Bundesrepublik Deutschland

Multimillionäre

Quelle: spiegel.de

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer 2014 veröffentlichten Untersuchung Deutschland die höchste Ungleichverteilung für das Jahr 2012 innerhalb der Eurozone bescheinigt. 2012 besaß das reichste Prozent 800.000 Euro oder mehr. Zu den reichsten 10 Prozent zählte man ab einem Nettovermögen rund 260.000 Euro. Der Durchschnitt dieser vermögendsten 10 Prozent hatte ein Nettovermögen von 639.000 Euro.

Sind das alles Lotto-Millionäre?

Nein, absolut nicht, denn laut Jumbolotto.de gab es in Deutschland im Jahr 2014 genau 97 neue Millionäre, die über Glücksspiel zu Reichtum gekommen sind. Der höchste Einzelgewinn ging mit 58,7 Millionen Euro an einen Tipper aus Hessen, der sich damit in die obere Riege der Millionäre einreihen darf. Dieses Glück ist den wenigsten gegönnt, die Zahl der Millionäre steigt primär aus Erwirtschaftung und Erbe.

Geldscheine - © Tomislav Forgo - Fotolia

Wer also ein Haus sein eigen nennen darf, über fünfzig Jahre alt, einkommensstark ist, oder war, hat gute Chancen zu der reicheren Bevölkerung in Deutschland zu gehören. Die Millionäre in der Bundesrepublik verdienen ihre Millionen zu 41 % aus eigener Erwirtschaftung, zu 31% aus einer Mischung aus Erbe und Erwirtschaftung und zu 28% aus einer Erbschaft. Zum Vergleich: In den USA sind 76% der Millionäre „selfmade“.

Dass immer mehr Superreiche immer mehr besitzen, gibt Anlass zur Kritik. Denn darin spiegelt sich die ungleiche Verteilung des „Kuchens“ wider. Was die anderen zu viel haben, fehlt am anderen Ende der sozialen Schicht. Gefragt sind neue Wege der Ökonomie, denn der Neoliberalismus öffnet die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter.

Es gibt Organisationen, die sich für eine demokratische und sozial gerechte Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzen, dazu zählt beispielsweise Attac.

Armut in Deutschland

Die jährlichen Armutsberichte der Bundesregierung oder des Paritätischen Wohlstandsverbandes geben Anlass zur Beunruhigung. Während die Anzahl der Millionäre in Deutschland wächst und das BIP pro Kopf eine positive Tendenz aufweist, steigt die Armutsquote trotzdem an. Dieses Missverhältnis zeigt, dass lange nicht alle am Wohlstand teilhaben dürfen.

Die Armutsgefährdungsquote liegt in Deutschland bei 16,2 Prozent (Stand 2011), das bedeutet, dass diese Personen unter die Armutsgrenze abrutschen können. Armut.de erklärt, wie in Deutschland die Armutsgrenzen durch den Prozentsatz des Medianeinkommens errechnet werden. Bei 50 Prozent des Medianeinkommens wird dabei die Armutsgrenze gezogen, bei 60 Prozent liegt die Grenze zur relativen Einkommensarmut: In Deutschland liegt die Armutsgrenze bei 980 Euro pro Monat für eine alleinlebende Person und bei 2.058 Euro für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren (Stand 2014).

Wirtschaftswissenschaftler erläutern, dass die materiellen Entbehrungen ebenfalls zu berücksichtigen sind, denn wenn zum Beispiel vier von neun Grundbedürfnissen nicht mehr befriedigt werden können, ist der Lebensstandard dramatisch gesenkt. Die Grundbedürfnisse sind in der Einschätzung der Aktion „Leben in Europa“ ausführlich aufgelistet, wie beispielsweise eine Woche Urlaub außerhalb der eigenen Wohnung oder große Probleme, unerwartete Ausgaben aus eigenen Mitteln bezahlen zu können.

Innerhalb der Personen, die in Armut oder in Armutsgefährdung leben, sind unterschiedlichste Altersgruppen und Gesellschaftsschichten vertreten. Erschreckend ist, dass rund drei Millionen Erwerbstätige in der Bundesrepublik trotz Arbeit von Armut oder Armutsgefährdung betroffen sind. Sie haben Probleme die Miete rechtzeitig zu zahlen, sparen beim Heizen oder bei der gesunden Ernährung und können nicht in den Urlaub fahren. Vor allem Alleinerziehende und Alleinlebende weisen eine hohe Armutsgefährdungsquote auf. Dazu kommt eine steigende Anzahl an Rentnern, die auf die Grundsicherung angewiesen sind. GDV berichtet, dass 2013 rund eine halbe Million Personen über 65 Jahre in Deutschland zusätzlich die staatliche Unterstützung benötigten. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor war es rund eine Viertelmillion.

Mindestlohn - Foto: Dirk Vorderstraße - CC BY-SA 3.0 (Wikimedia Commons)
Foto: Dirk Vorderstraße - CC BY-SA 3.0
Mit der Einführung des Mindestlohns macht die Regierung in Deutschland einen kleinen Schritt, um das Missverhältnis zwischen arm und reich zu verändern, vielen Kritikern geht das allerdings nicht weit genug. Im internationalen Vergleich mit anderen europäischen Ländern schneidet Deutschland nicht so schlecht ab, doch von einer Angleichung der Einkommen kann keine Rede sein. Wirtschaftsexperten sprechen davon, dass bei steigendem Einkommen meist nur die obere Hälfte der Einkommensbezieher profitieren, dieser Artikel der FAZ erläutert das sehr gut.

Die OECD kritisiert in einem Bericht 2014 diese Ungleichheit in Deutschland und erklärt, dass eine gerechtere Sozialpolitik zumindest sechs Prozentpunkte mehr Wachstum bringen hätte können.

Zusammenfassend gilt anzumerken, dass Wirtschaftswachstum und Rekordexporte für den Wohlstand der gesamten Bevölkerung nicht ausschlaggebend sind, es bleibt immer die Frage nach einer gerechteren der Verteilung.

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