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Meinung "x an y"

Das extreme Geschlecht

Neulich war ich wieder im Gefängnis. Sie sehen, ich bin eine Wiederholungstäterin. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich dort besonders wohl fühle. Ich bin nur beruflich dort.
Das extreme Geschlecht -
Verletzung - Foto: flickr-user bpende - CC BY 2.0
Sie meinen, das ist keine gute Ausrede? Das könnten alle hinter Gittern von sich behaupten! Ja, stimmt, aber der Unterschied liegt in der Zeitspanne, die vergeht, bis man wieder heraus kommt. Zum Glück haben wir ein ausgezeichnetes Gefängnis-Seelsorge-Team, das beste Arbeit leistet. Ich als Seelsorgeamtsleiterin muss also nur fallweise ins Gefängnis.

Beim Gottesdienst ist mir aufgefallen, dass das Geschlechterverhältnis total verkehrt ist: Der Großteil der Teilnehmenden waren Männer. In einem normalen Gemeindegottesdienst ist es ja umgekehrt. Da sind Männer seltene Exemplare (außer am Altar).

Ich habe mich erkundigt: Das Gefängnis verschafft Männern keine speziellen Bekehrungserlebnisse und ist daher nicht der ideale Ort für Berufungspastoral-Initiativen. Das Gottesdienstbesucher-Verhältnis hat mit der Gefängnisrealität zu tun: Männer kommen 25-mal häufiger ins Gefängnis als Frauen. Männer werden allerdings auch häufiger Opfer von Gewalt: Drei Viertel aller Mordopfer sind Männer.

Männer sind das extreme Geschlecht, sagt ein amerikanischer Sozialpsychologe. Sie finden sich häufiger als Frauen sowohl an der Spitze der Skala als auch am unteren Ende: Männer bekleiden mehrheitlich Spitzenpositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und stehen deshalb auch in der Gehaltspyramide ganz oben. Dafür ist umgekehrt der Anteil an Obdachlosen bei Männern weit höher als bei Frauen, und die Selbstmordrate ist gar dreimal so hoch. Von sieben Jahren weniger Leben gar nicht zu reden.
Mann, oh Mann – bin ich froh, dass ich nicht gleichberechtigt bin.

Autorin: Elisabeth Rathgeb, Seelsorgeamtsleiterin Innsbruck

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